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DER WILLY-BRANDT-PREIS 2003

 

Am 18. September 2003 wurde der Willy-Brandt-Preis 2003 in Lübeck verliehen. Dieses Jahr wurden der deutsche Historiker Prof. Einhart Lorenz, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Oslo, und der norwegische Journalist Dr. Nils Morten Udgaard von der Zeitung Aftenposten für ihre besonderen Verdienste um die deutsch-norwegischen Beziehungen geehrt. 

Bei einem Festakt im Museum Behnhaus/ Drägerhaus würdigten die Laudatoren Kulturministerin Valgerd Svarstad Haugland und der Parlamentarische Staatssekretär Franz Thönnes, MdB den Einsatz der beiden Preisträger. Mehr als 120 geladene Gäste aus Deutschland und Norwegen waren nach Lübeck gekommen, um der Veranstaltung beizuwohnen. Unter ihnen waren auch zahlreiche Bundes- und Landtagsabgeordnete und natürlich Vertreter der Presse. Eine besondere Ehre für alle Anwesenden war es, dass Günter Grass mit seinem einleitenden Beitrag unter dem Titel „Zu Tisch mit Legenden“ bat und damit erstmals eine politische Rede in literarischer Form hielt. Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, lange Jahre Freund und Weggefährte Willy Brandts, nutzte die Gelegenheit, um in seiner Rede der Politik und ihren Akteuren neue Anstöße zu geben und auf die ungebrochene Aktualität Brandts hinzuweisen. Die Politiker schienen, so Grass, den Nord-Süd Dialog vergessen zu haben und zeigten wenig Begabung, radikal zu denken. In dieser Hinsicht habe die Politik viel von Willy Brandt zu lernen.

     Eröffnet wurde die Veranstaltung zunächst durch die norwegische Pianistin Arnhild Vik. Dr. Thorsten Rodiek als Leiter des Museums, Thorvald Stoltenberg als Vorsitzender der Stiftung, der Bürgermeister der Stadt Lübeck Bernd Saxe und Botschafter Bjørn-Tore Godal drückten in ihren Grußworten Freude darüber aus, dass sich die Stiftung für Lübeck als Ort der Preisverleihung entschieden hat. Lübeck und Norwegen, das wurde an diesem Tag immer wieder deutlich, verbindet eine lange gemeinsame Geschichte – nicht nur, aber auch durch Willy Brandt als Sohn der Stadt Lübeck und Menschen, der Norwegen zeitlebens eng verbunden war.
     Der norwegische Preisträger Dr. Nils Morten Udgaard, ehemaliger Korrespondent der norwegischen Tageszeitung Aftenposten in Bonn und Leiter der außenpolitischen Abteilung, hat durch seine Berichterstattung über deutsche Politik zu einem breiteren Wissensstand über Deutschland in Norwegen beigetragen und dadurch das Verhältnis der beiden Länder nachhaltig gestärkt, so die Kulturministerin in ihrer Laudatio.

     Udgaard selbst wies in seiner Dankesrede darauf hin, dass "Deutschland das wichtigste Einfallstor zur Welt für norwegische Kultur war und weiterhin ist, Norwegen aber heute auf mancherlei Weise seine kulturellen Verbindungen zu Deutschland und dem europäischen Kontinent vernachlässigt". - Es sei paradox, dass das "draußen-Land" Norwegen anpassungsfähiger in seinem Verhältnis zur EU als zu den EU-Ländern selbst sei. Trotz der engen Verbindung zwischen Norwegen und Deutschland kommunizierten Norweger immer schlechter mit den Deutschen, was etwa durch das sinkende Interesse an der deutschen Sprache unter den norwegischen Studenten zum Ausdruck komme, meinte Udgaard.

     Der deutsche Preisträger Prof. Einhart Lorenz, so Thönnes in seiner Laudatio (Link), hat eine umfassende Forschung zu Willy Brandts politischem Leben – insbesondere zu seiner Zeit in Norwegen – betrieben und in diesem Zusammenhang sowohl in Deutschland als auch in Norwegen wichtige Werke nicht nur zu Brandts Leben, sondern auch zu Exilfragen und zur Geschichte der Arbeiterbewegung veröffentlicht. Durch seine Forschung hat Lorenz neues und vergessenes Wissen über Willy Brandt und die Geschichte beider Länder vermittelt.

     Lorenz wies in seiner Dankesrede trocken darauf hin, dass trotz Brandts wichtiger Rolle für die Beziehungen zwischen Norwegen und Deutschland im Augenblick in Norwegen kein Interesse daran bestehe, eine Straße nach Willy Brandt zu benennen. Von den norwegischen Behörden würde dies damit begründet, dass in Norwegen keine Straßen nach Pseudonymen benannt würden. Willy Brandt hieß ursprünglich Herbert Frahm.

     Neben der Verleihung, bei der den Preisträgern ein Zertifikat und eine Brandt-Statuette des norwegischen Künstlers Nils Aas überreicht wurden, standen beeindruckende kulturelle Beiträge auf dem Programm. Ein Szenenmonolog mit Auszügen aus dem Theaterstück "Dein ergebener Edvard Munch", bei dem man Einblicke in Munchs Leben aus Sicht seiner Tante Karin gewinnen konnte, wurde von Ineke Brinkmann aufgeführt. Begleitet wurde sie von Arnhild Vik (Klavier) mit Musik von Edvard Grieg.

     Edvard Munch hatte eine enge Beziehung zu Lübeck und ein Teil seines Werkes wurde dort geschaffen. Noch bis zum 19. Oktober findet im Museum Behnhaus/Drägerhaus die große Ausstellung „Edvard Munch und Lübeck“ mit Munchs Gemälden und graphischen Arbeiten aus seiner Lübecker Zeit statt. Alle Werke haben eine direkte Verbindung zum Aufenthalt des Künstlers in der Stadt. Die Preisverleihung im Jahr 2004 wird wieder in Norwegen stattfinden.

 

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