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Im Rahmen des Gesprächskreises „Nachhaltige Reformpolitik“ der
Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung ging es 2006 in Berlin um Strategien und den Austausch von
Erfahrungen bei der Verbesserung von Beschäftigungschancen Älterer in
Dänemark, Norwegen, Finnland und Deutschland. |
Die Veranstaltung mit dem Titel: „Hurra, wir leben länger
– aber wie ist es mit der Beschäftigung Älterer? Was können wir vom
Norden lernen?“ fand in Kooperation mit der Initiative Neue Qualität der
Arbeit (INQA) im Bundesministerium für Arbeit und Soziales statt. Nach
der Begrüßung durch den deutschen Vorsitzenden der Stiftung und
Parlamentarischen Staatssekretär Franz Thönnes, MdB, und Referaten der
für Beschäftigung und Soziales zuständigen Minister Dänemarks, Norwegens
und Deutschlands, Claus Hjort Frederiksen, Bjarne Hakon
Hanssen und Franz Müntefering, sowie des hochrangigen
Vertreters des finnischen Ministeriums für Soziale Angelegenheiten,
Ismo Suksi, folgte eine interessante Diskussion mit den 250
Teilnehmern der Veranstaltung.
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Franz Müntefering
hob hervor, dass die stärkere Teilhabe von Menschen über 55 Jahren am
Arbeitsmarkt nicht nur demographisch und ökonomisch geboten, sondern
eine Frage der Menschenwürde sei. Eine Gesellschaft füge sich selbst
Schaden zu, wenn sie ihren Älteren den Eindruck vermittele, auf deren
Wissen, Erfahrung und Arbeitskraft verzichten zu können. |
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Der Minister stellte die in Deutschland bestehenden Instrumente
zur Steigerung der Beschäftigungschancen Älterer vor und kündigte die
Eckpunkte der Initiative 50plus, die bestehende Regeln und neue
Maßnahmen zu einem langfristig und umfassend wirksamen Gesamtkonzept
zusammenbindet, für den Sommer an. Allerdings sei das längere Verbleiben
im Arbeitsmarkt nicht nur eine Sache politischer Vorgaben und Anreize,
sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie bedürfe auch des
verstärkten Engagements von Gewerkschaften, Sozialversicherungsträgern,
den Arbeitnehmern selbst und insbesondere auch den Arbeitgebern, um die
derzeitige Beschäftigungsquote der über 55-Jährigen von 41,4 Prozent
zielstrebig zu erhöhen.
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Claus Hjort
Frederiksen
hob für Dänemark hervor, dass ein wesentlicher Erfolgsfaktor für
mehr Beschäftigung Älterer eine günstige konjunkturelle Entwicklung sei.
Allerdings habe auch in seinem Land in den 80er Jahren zur Entlastung
des Arbeitsmarkts Anreize zum frühzeitigen Ausscheiden aus dem
Berufsleben zugunsten junger Nachrücker gegeben. |
Das habe ein gesellschaftliches Klima befördert, in dem sowohl bei
Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern die Einstellung gegenüber Arbeit
im Alter skeptisch oder gar negativ geworden sei. Die begonnene und
erste Früchte tragende Umkehr setze an drei Punkten an: Zum einen seien
Möglichkeiten, vorzeitig in Ruhestand zu gehen, massiv eingeschränkt und
durch entgegengesetzte Anreize ersetzt worden. Zum zweiten wirke man mit
Beratungsangeboten und Informationskampagnen darauf hin, Vorurteile
gegenüber Älteren im Arbeitsmarkt auf breiter Front abzubauen und einen
gesamtgesellschaftlichen Einstellungswandel zu befördern. Und zum
dritten müsse die Arbeitsmarktpolitik Unternehmen den Rahmen bieten,
altersgerechte, betrieblich vereinbarte und den individuellen
Bedürfnissen Älterer Rechnung tragende Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Derzeit liege die Beschäftigungsquote Älterer über 55 Jahre in Dänemark
bei 60,3 Prozent.
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Bjarne Hakon Hanssen
betonte, dass sich zwar in Norwegen wichtige Indikatoren wie die
Alterung der Gesellschaft, die Beschäftigungsquote Älterer mit 65,8
Prozent und der Anteil Arbeitsloser unter den 55 bis 66-Jährigen
vergleichsweise gut darstellten. Allerdings sei auch in seinem Land der
Verbleib Älterer in Arbeitslosigkeit überproportional hoch. |
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Und eine steigende Zahl von Menschen im Erwerbsalter scheide frühzeitig
aus dem Arbeitsleben aus und nehme stattdessen Leistungen wegen
Erwerbsunfähigkeit in Anspruch. Entsprechend arbeite die Regierung
momentan mit zwei Zielen an der Reform des Rentensystems: Erstens gehe
es um eine stärkere Verknüpfung von Lebensarbeitszeit und Höhe der
Renten. Und zweitens solle das System der Erwerbsunfähigkeitsrenten
geändert werden, um eine weiter wachsende Inanspruchnahme zu verhindern.
Desweiteren nehme man mit Blick auf die Förderung und den Erhalt der
Beschäftigungsfähigkeit die Sozialpartner stärker in die Pflicht, um
substantielle Verbesserungen beim betrieblichen Gesundheits- und
Arbeitsschutz zu erreichen.
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Allerdings habe dabei ein in der zweiten Hälfte der 90er Jahre
einsetzender merklicher Wirtschaftsaufschwung und in dessen Folge die
allgemeine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt eine mitentscheidende Rolle
gespielt. Kernstück der finnischen Beschäftigungs- und
Arbeitsmarktpolitik mit dem Fokus auf ältere Beschäftigte sei das
VETO-Programm: Dieses richte sich unter Einbindung von
Arbeitgeberverbänden, Krankenversicherungen, Rentenversicherungs- sowie
Rehabilitationsträgern direkt an Arbeitnehmer über 45 Jahre, kleine und
mittelständische Unternehmen sowie Standesorganisationen des
Gesundheits- und Arbeitsschutzes. Zentrales Ziel sei es, durch Beratung,
Training und Fortbildung mehr Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz und
eine stärker auf die Bedürfnisse älterer Arbeitnehmer ausgerichtete
Arbeitsorganisation zu erreichen.
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Alle vier Länder setzen aktuell tief greifende Reformen
in den Bereichen Arbeitsmarkt und Rente um, die die Voraussetzungen und
Regeln für einen längeren Verbleib Älterer im Berufsleben schaffen
sollen. Ein Blick über die Grenzen zeigt: Deutschland steht mit der
notwendigen Erhöhung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre, die
schrittweise von 2012 an bis 2029 erfolgen wird, nicht allein. Auch bei
den nordischen Nachbarn wurde bzw. wird das gesetzliche
Renteneintrittsalter zum Teil deutlich angehoben. In Finnland gilt seit
2005 ein Korridor von 63 bis 68 Jahren, in Norwegen liegt die Grenze
heute schon bei 67 Jahren und Dänemark soll sie 2023 beginnend binnen 24
Monaten ebenfalls von 65 auf 67 Jahre angehoben werden. |
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